01.02.2022

Skilehrer

Mein erstes Zuhause war ein Winterkurort in den Schweizer Alpen, dort erlebte ich eine behütete Kindheit ganz nah an der Natur. Ein Skirennen machte den Ort bekannt und es findet noch heute bei günstigen Schnee- und Windverhältnissen statt, inzwischen als perfekt orchestriertes Medienereignis zu Werbezwecken mit Ausstrahlung in die ganze Welt. Ein Fest für willige Konsumenten und Konsumentinnen sensationeller Angebote und eine gigantische Party mit viel Rausch. Wir waren schon vorher ein Teil davon und machten als Schulkinder begeistert mit.

Mit drei Jahren fuhr ich bereits Ski und es gefiel mir. Wir waren Winterkinder. In den Sechziger Jahren gab es aussergewöhnlich lange Winter mit Schnee von November bis April. Jeden Tag draussen an der frischen Luft. Kälte macht klar.

Vor Weihnachten erwachten Wintersportdestinationen aus dem Sommerschlaf und bereiteten sich auf die vielen Touristen vor, den alpinen Wintertsunami, der eine reiche Ernte verspricht. Unsere materielle Lebensgrundlage.

In dieser Jahreszeit klingelte 1977 unser schwarzes Wandtelefon und eine Stimme sprach zu mir, der Leiter der Schweizer Skischule suchte Hilfspersonal. Ich war fünfzehn Jahre alt und völlig überfordert von der Anfrage. Ein Jahr später wurde ich dann doch Hilfsskilehrer, für vier Jahre. Im Winter 1982/83 änderte sich mein Status, ich wurde Kandidat nach bestandenem Vorkurs zur Skilehrerausbildung. Im April 1983 fand in Mürren der Hauptkurs statt. Zum ersten Mal lernte ich diese Gegend auf Völkel Skis kennen und am Ende war ich patentierter Skilehrer.

Ich hatte schon meine Privatgäste und arbeitete von jetzt an in Eigenregie.

Dieses Standbein war sehr nützlich, weil ich mich im selben Jahr selbstständig machte und meinen Weg in der Musikwelt antrat. Noch viele Jahre machte mir die klare Winterkälte den Kopf frei, wenn ich mit interessanten Menschen in freier Natur unterwegs war.
Heute fahre ich nicht mehr Ski. Meine Interessen haben sich weiterentwickelt. Ich meide Menschenansammlungen und geniesse die Stille der Berge jenseits vom Spielplatzlärm, der sich unterdessen auch hier ausgebreitet hat.


Foto Robert Harris

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